19. / 20. Sept. 2015, Wuppertal Elberfeld + 26. Sept.

Rückrufaktionen

Wie entsteht etwas „Neues“ und was bedeutet „Kreativität“?

Kreativität – das heißt eigentlich Schöpfen aus dem vollen Teller der Welt, der möglichen Erfahrung, und aus dem dabei “Geschöpften” etwas Neues zu formen. Im Grunde ist jedes Lernen in und an der Welt ein kreativer Akt in diesem Sinne – und das Kleinkind vollbringt täglich kreative Höchstleistungen. Dennoch wird der Begriff im Alltag eher für geplante künstlerische Schöpfungen genutzt. Wir werden sehen, wie weit oder eng der Begriff dabei verstanden werden kann: Ist jeder Akt des Schaffens unter dem Register des “kreativen Potentials” zu verstehen? Ist die Reproduktion von bereits Dagewesenem per Bastelanleitung vergleichbar mit der antiken Vorstellung des Künstlers, im schöpferischen Akt ein Medium für göttliche Kräfte zu sein, das diese Inspiration handwerklich in Form bringt? Wenn wir uns also zunächst  darüber verständigt haben, was wir mit dem Begriff der Kreativität meinen, können wir uns in einem zweiten Schritt der kritischen Betrachtung heute gängiger Verwendungsweisen des Begriffs und mit ihm einher gehender Verhaltensweisen zuwenden.

Wer viel Geld und Platz hat, kauft sich ein Bild von Picasso. Wer nur wenig hat, der begnügt sich mit einem Poster davon. In beiden Fällen hofft man, dass etwas von der Kreativität Picassos abfällt. Kreativität nobilitiert, Kreativität hat keine Schattenseiten. Kreativität kratzt nicht. Kein Wunder, dass alle kreativ sein wollen. Aber sehen wir genauer hin! Was wird uns eigentlich vorgegaukelt, wenn an unsere Kreativität appelliert wird? Selbstverwirklichung, Konzentration auf das eigene Ich, grenzenloser Individualismus. Untersuchen wir, was für Vorstellungen die Rede von der Kreativität begleiten! – Wenn früher Basteln kreativ war, ist es heute die Kreativwirtschaft. Wie hat sich das Konzept verändert? Was wird uns damit souffliert? Solchen Fragen werden wir nachgehen. Und natürlich freuen wir uns auf – kreative Teilnehmer.

Die Gruppe wird geleitet von Matthias Aumüller und Jacqueline Bellon

Matthias Aumüller ist Privatdozent für Neuere deutsche Literaturgeschichte und Allgemeine Literaturwissenschaft an der Bergischen Universität Wuppertal. Er studierte in Marburg und Hamburg Philosophie, Slavistik, Germanistik und Psychologie. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter war er an den Universitäten Hamburg, Wuppertal und Jena tätig, als Lehrbeauftragter außerdem an der Universität in Regensburg und demnächst in Würzburg.

Jacqueline Bellon findet Kreativität selbst prima und fragt – aus philosophisch-kulturtheoretischem Hintergrund – dennoch oder gerade deshalb gern nach dem Gebrauch des Begriffs in der (aktuellen, medienspezifischen) Sprache. Sie freut sich darauf, herauszufinden, ob mit „etwas schaffen“ in diesem Kontext mehr als Häkeltiere, Pappmachémalereien und Mettigel gemeint sind und auch auf die Teilnehmer_innen, samt deren „schöpferischem Potenzial“.